Review

The Necromancer’s Tale – Erhebt euch ihr Toten!

The Necromancer's Tale Cover

Besenstiel und Echsenschwanz, erhebt euch zum Totentanz! „The Necromancer’s Tale” verspricht eine spannende Geschichte rund um das Erbe eines Hexenmeisters, die im 18. Jahrhundert spielt. Ob Psychic Software mit ihrem CRPG einen Volltreffer gelandet haben oder es am Ende nicht einmal schaffen, die Toten hinterm Ofen hervorzulocken, erfahrt ihr in meinem Review.

Entwicklerstudio: Psychic Software

Publisher: Psychic Software

Platformen: PC 

Releasedatum: 17.07.2025

Metacritic Userscore : n.A

Grafik


Schauen wir uns also zunächst die Grafik von „The Necromancer’s Tale” an. Sie scheint aus einem Guss zu stammen. Sobald der Unity-Splashscreen verschwunden ist, hat man den Eindruck, ein Spiel aus den frühen 2000ern gestartet zu haben.


Hätte man mir gesagt, dass „The Necromancer’s Tale” ein Spiel aus den Jahren 2002–2003 ist, das im Fahrwasser von „Neverwinter Nights” veröffentlicht wurde, hätte ich dies zunächst ohne es groß zu hinterfragen akzeptiert.
Die klobigen UI-Buttons, die wenigen Umgebungen, die manchmal recht spartanisch wirken, und die weitgehend effektarme Inszenierung passen perfekt in die Zeit um die Jahrtausendwende, wirken im Jahr 2025 allerdings ein wenig befremdlich.


Leider muss man festhalten, dass die Grafik und das UI nicht die Stärken von The Necromancer’s Tale darstellen. Positiv anzumerken ist jedoch, dass aus dieser Optik das Beste herausgeholt wurde. Das Spiel vermittelt einen starken Retro-Charme. Wenn man den einen oder anderen Titel aus dieser Zeit gespielt hat, weiß man eine Prise Nostalgie durchaus zu schätzen.


Für all jene, denen die gesamte Spielwelt einfach zu grob aussieht, gibt es in den Optionen einen Regler, mit dem sich ein sogenannter „Painterly“-Effekt regulieren lässt. Dieser sorgt dafür, dass die Welt aussieht, als wäre sie mit Wasserfarben gezeichnet worden.


Durch diesen Effekt wird der geringe Detailgrad kaschiert, allerdings wird die gesamte Erfahrung dadurch recht verwaschen dargestellt. Welche Optik man bevorzugt, um The Necromancer’s Tale zu genießen, ist Geschmackssache. Ich persönlich habe mich dafür entschieden, den Effekt auszuschalten, und komme damit gut zurecht, da ich eine Vorliebe für Nostalgie habe.


Die 3D-Animationen, die das Spiel auf Benutzeroberflächenebene bietet, wirken allerdings ein wenig amateurhaft. Sie treten hauptsächlich beim Lesen von Büchern auf, die sich dabei bewegen. Leider sieht das alles nicht sehr hochwertig aus, und auch die Schrift in den Büchern wirkt nicht immersiv. In der Standardeinstellung ist sie zudem wenig gut lesbar.


Hier haben Psychic Software aber wieder daran gedacht, eine Option einzubauen, die die Schnörkel in der Buchschrift entfernen soll. Leider bin ich mir jedoch nicht sicher, ob diese wirklich funktioniert, da ich kaum einen Unterschied zwischen den beiden Einstellungen wahrnehmen konnte.


Zusammenfassend können wir sagen, dass die Grafik in The Necromancer’s Tale keinesfalls mit aktuellen Titeln mithalten kann. Das Spiel sieht nicht schrecklich aus und es gelingt ihm, eine Nostalgie-Kerbe zu schlagen, mit der man sich viele Freunde im CRPG-Sektor angeln kann. Dennoch muss man ehrlich sagen, dass die Optik zwar zweckdienlich ist, aber niemanden vom Hocker werfen wird.

The Necromancer's Tale SS1

Sound


Der Soundtrack von „The Necromancer’s Tale” erfüllt seinen Zweck und untermalt die herrschende Atmosphäre dieses düsteren, halbhistorischen Settings gut. „The Necromancer’s Tale” bietet nur selten musikalische Höhepunkte. Ich würde mir für keines der Musikstücke die Mühe machen, es extra, vom Spiel losgelöst, zu hören. Beschweren kann man sich hier im Großen und Ganzen aber auch nicht.


Meist handelt es sich bei den Tracks um stimmungsvolles Ambiente, das einen besser in die Spielwelt eintauchen lässt und es ermöglicht, die Geschichte in vollen Zügen zu genießen.


Die Soundeffekte wirken ebenfalls aus einem Guss, können sich in ihrer Qualität jedoch nicht über den Durchschnitt hinaus hervortun. Pistolen klingen wie Pistolen, Blubbern klingt wie Blubbern und ein Windhauch wird ebenfalls als solcher erkennbar, mehr aber auch nicht.


Positiv zu erwähnen ist allerdings, dass viele der zahlreichen Dialoge in „The Necromancer’s Tale” vertont wurden. Leider ist mir nicht ganz klar geworden, nach welcher Logik nur einzelne Worte, der ganze Text oder gar nichts des Gesagten vertont wurde. Manchmal wirkt es etwas zufällig, wann man die Stimmen der kennengelernten Charaktere wieder hört.


Nicht unerwähnt bleiben darf auch, dass die Qualität der Synchronaufnahmen recht gering ist. Oft klingen die Stimmen gedämpft oder es ist ein Grundrauschen zu hören. Das lässt mich glauben, dass hier nicht mit einem professionellen Tonstudio zusammengearbeitet wurde.


Dieser Kritikpunkt ist allerdings lediglich ein kleines Manko bei dem großen Pluspunkt der Vertonung selbst. Die Sprecher sind aus meiner Sicht gut gewählt und charakterisieren die Charaktere so, wie man es auch ausgehend vom Text selbst erwarten würde.


„The Necromancer’s Tale” sticht hinsichtlich des Sounddesigns also weder besonders negativ noch positiv hervor. Audiophile kommen zwar nicht auf ihre Kosten, doch die meisten Spieler sollten kaum etwas an der Vertonung auszusetzen haben.

The Necromancer's Tale SS2

Story


Als Kind von zu Hause weggeschickt, haben wir uns als Protagonist der Geschichte ein kleines eigenes Leben aufgebaut, welches jäh unterbrochen wird, als uns die Nachricht vom Tod unseres Vaters erreicht.
Selbstverständlich lassen wir alles stehen und liegen und eilen nach Hause, um an der Beerdigung teilzunehmen. Doch dann stellen wir fest, dass diese in aller Eile ohne uns vollzogen wurde.


Auch die Todesumstände unseres Vaters erscheinen seltsam. Und dann ist da noch dieses seltsame Buch mit Ritualen, die man sonst nur von Lichs und Hexenmeistern erwarten würde.


Etwas Derartiges ausgerechnet im Studierzimmer unseres verstorbenen Vaters zu finden, sorgt dafür, dass wir der Sache auf den Grund gehen. Wir versuchen, ein Heilmittel für unsere geisteskranke Mutter zu finden, und werfen dabei langsam, aber stetig jede Moral über Bord, um unseren Vater zu rächen.


So lässt sich die Handlung von „The Necromancer’s Tale“ weitgehend spoilerfrei zusammenfassen. Ich muss ehrlich sagen, dass sowohl die Prämisse als auch die Umsetzung dieser Geschichte gut gelungen sind.


Durch die vielen Auswahlmöglichkeiten bleibt die Handlung immer in der Hand der Spieler:innen und es gelingt den Entwickler:innen, einen ansprechenden Spannungsbogen zu schaffen, der mich durchgehend bei der Stange hält.
Einzig zu kritisieren sind die starken Längen in den ersten Kapiteln. Es dauert eine ganze Weile, bis alles wirklich Fahrt aufnimmt. In den ersten Kapiteln beschäftigt man sich daher hauptsächlich damit, seine Umgebung und die darin verankerten Charaktere kennenzulernen.


Mir ist klar, dass es sich dabei um eine bewusste Entscheidung handelt, doch kann ich mir durchaus vorstellen, dass diese Anfangslängen dazu führen, dass manche Spieler nach drei bis vier Stunden keine Lust mehr haben und somit die Höhepunkte der eigentlichen Story verpassen.


Wenn man sich allerdings ein wenig durchbeißt, erhält man hier die Gelegenheit, eine spannende und kurzweilige Geschichte zu erleben, die durchaus erlebenswert ist, wenn auch nicht mit dem Drehbuch aktueller Tophits vergleichbar. „The Necromancer’s Tale” ist eben auch in puncto Handlung ein klares Nischenspiel.

The Necromancer's Tale SS3


Gameplay


Kommen wir nun zum Gameplay, welches bei „The Necromancer’s Tale” hauptsächlich aus Lesen, Entscheidungen treffen und Fetchquests besteht. Zwar gibt es ein Kampfsystem, in dem die Akteure rundenbasiert und durch Aktionspunkte beschränkt über ein in Hexagone aufgeteiltes Kampffeld wandeln, allerdings haben die Entwickler in weiser Voraussicht, dass das Kampfsystem nicht sonderlich ausgeklügelt ist, eine Möglichkeit eingebaut, diese Begegnungen vollkommen automatisch abzuhandeln.


In The Necromancer’s Tale geht es nicht darum, spannende Schlachten zu erwarten, und meist sind diese auch eher hinderlich beim Erleben der Geschichte. Die Geschichte bietet viele Freiheiten und eine gut implementierte Illusion of Choice, die dem Spieler viele Möglichkeiten zur eigenen Entfaltung bietet.


Die Entscheidungen, die ihr in den Dialogen trefft, haben häufig direkte Auswirkungen auf eure Umgebung und das weitere Spielgeschehen. Selbst subtile Fehler, wie beispielsweise die Begrüßung eines Freundes, während sich noch ein von euch zusammengeklaubtes Skelett in der Nähe befindet, haben reale Auswirkungen auf die weitere Handlung.
Die Bewohner eurer Heimatstadt reagieren recht dynamisch auf euer Handeln. Dadurch habt ihr wirklich den Eindruck, die Spielwelt beeinflussen zu können, besonders da das Spiel eigentlich immer verschiedene Wege zur Lösung eines Auftrags anbietet.


Beispielsweise können wir, wenn wir relativ früh im Spiel einen Trank testen müssen, wählen, ob wir dies an uns selbst, einem anderen Menschen oder einem Tier machen möchten – alles mit den entsprechenden Konsequenzen. Es liegt also ganz bei euch, wie viel Chaos und moralische Grauzonen ihr in eurer fiktiven Heimatwelt anrichten möchtet.
Abseits der Wahlmöglichkeiten haben wir hier CRPG-Standartkost. Das Spiel lässt sich vollständig mit der Maus spielen, und an der Steuerung habe ich nichts auszusetzen.


Problematisch ist, dass Gebietsgrenzen manchmal nicht klar definiert sind oder es zu sehr langen Laufwegen kommen kann, wenn man später im Spiel die Welt um die Stadt herum erforscht. Innerhalb der Stadt gibt es allerdings eine Schnellreisefunktion sowie die Möglichkeit, die Tageszeit zu ändern. Dadurch kann man recht schnell durch die dortigen Quests navigieren.

Mit einer Spielzeit von 20–30 Stunden bietet The Necromancer’s Tale viele Möglichkeiten, Entscheidungen zu treffen, und lässt das Feeling eines klassischen CRPGs wieder aufleben, ohne sich unnötig in die Länge zu ziehen.

The Necromancer's Tale SS4


Fazit


Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass „The Necromancer’s Tale” von Psychic Software ein Spiel für Genreliebhaber ist, welches die Action klar in den Hintergrund stellt und mit seinem Narrativ überzeugen kann.

Man muss wissen, worauf man sich einlässt, wenn man The Necromancer’s Tale für 23,99 € auf Steam erwirbt. Allen, die lieber ein actionreiches RPG mit Sinn für die Klassiker spielen wollen, kann ich Corridden empfehlen, welches wir für euch getestet haben.
Lasst mich in den Kommentaren wissen, was ihr von „The Necromancer’s Tale” haltet.

Reviewbox
76%
Zusammenfassung
Zusammenfassung

CRPG Fans und Nostalgiker greifen zu, alle anderen schauen sich nach moderneren Titeln um

Positives
Reichlich Auswahlmöglichkeiten Innovative Charaktererstellung Schlüssiges Worldbuilding
Negatives
Veraltete Grafik Teilweise Verbuggt Manchmal unklare Quests.
  • Grafik61%
  • Sound75%
  • Story81%
  • Gameplay87%

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