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Bereits seit einigen Jahren ist die Nintendo Switch zu einem feuchten Traum für alle Fans von Visual Novels geworden, da Nintendo eine Vielzahl von diesen in seinem Eshop für die Fans bereitstellt. In die lange Reihe an Visual Novels reiht sich nun auch der im Oktober 2023 erschienene Titel „Sunlight Scream“ von Faithy Games ein. Ich habe die am 11.07.2024 veröffentlichte Version des als Referenz eines Teenieslashers mit ähnlichem Namen erkennbaren Titel für euch getestet. Habt ihr Lust auf ein Mordmysterium mit Horrorelementen? Dann lest weiter!
Entwicklerstudio: Faithy Games
Publisher: Faithy Games
Releasedatum: 11.07.2024
Metacritic Userscore : n.A / 10
Grafik
Sunlight Scream ist wie auch andere Genrevertreter auf eine gute und stimmige Optik angewiesen, da diese oft das Einzige ist, was den interessierten Leser dazu bewegt, zu diesem Medium und nicht zum klassischen Buch zu greifen.
Sunlight Scream bietet dem Spieler einen qualitativ hochwertigen und eigenständigen Anime-Zeichenstil. Die Hintergründe sind klar und sehr detailreich, was dazu führte, dass wir einzelne Szenen, wie zum Beispiel eine Straßenkreuzung, in unserem Test etwas länger bewundert haben, als es in anderen Visual Novels der Vergangenheit der Fall war.
Hier und da finden sich sehr nette kleine Details, die das Eintauchen in die Handlung verstärken oder den Spieler durch Anspielungen auf andere Spieleserien wie Pokémon subtil zum Schmunzeln bringen.
Zudem bietet Sunlight Scream eine große Vielfalt an besagten Hintergründen, so dass man sich selten an den liebevoll gestalteten Umgebungen sattsehen kann. Während die meisten davon handgezeichnet wirken, gibt es doch einige Einzelfälle, bei denen ich vermute, dass KI zur Generierung verwendet wurde. Hier möchte ich natürlich nichts unterstellen und kann nur kleine Unstimmigkeiten wie seltsame Krümmungen in Leitern oder falsch gebrochenes Licht attestieren.
Legt man nun den Fokus auf die Sprites selbst, stellt man schnell fest, dass auch diese qualitativ hochwertig gezeichnet wurden, wobei bei den weiblichen Kandidaten definitiv mehr Hirnschmalz in die optische Gestaltung geflossen ist.
Zwar hätte ich mir hier und da etwas mehr Subtilität im Charakterdesign gewünscht, damit man nicht auf den ersten Blick erkennt, was für ein Charakter sich hinter einem Sprite verbirgt, aber in gewisser Weise gehört das ja auch zum klassischen Animestil dazu. Um die Handlung nicht vorwegzunehmen, möchte ich hier nicht weiter ins Detail gehen.
Ein großer Kritikpunkt, den ich an dieser Stelle allerdings an Sunlight Scream anbringen muss, sind die CGs, die natürlich in keiner Visual Novel fehlen dürfen. Diese sind zwar hervorragend gezeichnet und wenn es mir nur um die Qualität ginge, würde ich mir für diesen Titel deutlich mehr dieser hervorragenden Grafiken wünschen.
Allerdings begeht Sunlight Scream hier eine Todsünde des Genres und präsentiert uns einen völlig anderen Artstyle in den CGs. Vergleicht man diese mit den Sprites und Hintergründen, könnte man als Unwissender auf die Idee kommen, dass diese sich zwar ähneln, aber aus unterschiedlichen Spielen stammen.
Hinzu kommt die bereits erwähnte geringe Anzahl freischaltbarer Bilder. Es hätte Sunlight Scream gut zu Gesicht gestanden, mehr Szenen anschaulich zu illustrieren. Natürlich ist es ein Kostenfaktor diese erstellen zu lassen, aber für viele Spieler stellt das Freischalten dieser Bilder einen ganz besonderen Motivationsfaktor dar, der dem Spiel einen gewissen Wiederspielwert verleiht.
Insgesamt ist Sunlight Scream optisch schön anzusehen, bietet aber keinen Artstyle, der über den guten Durchschnitt des Genres hinausgeht. Die erwähnten Unstimmigkeiten im Design sorgen leider dafür, dass der Titel hinter seinem optischen Potential zurückbleibt.

Sound
Sunlight Scream bietet einige Musikstücke, die auch nach Beendigung des Spiels in guter Qualität im Gedächtnis bleiben. Außerdem haben meine Ohren viele stimmungsvolle Soundeffekte wahrgenommen, wie zum Beispiel das Rattern eines Zuges auf den Gleisen oder das Stöhnen eines Mädchens.
Da sich Sunlight Scream klar als Visual Novel und nicht als Auditive Novel bezeichnet, ist das hier gelieferte Soundpaket in sich stimmig und absolut ausreichend, um das Leseerlebnis zu unterstützen.
Leider gibt es einige Instanzen von sich nicht korrekt wiederholender Hintergrundmusik, die entweder nach dem ersten Abspielen stoppt oder vor dem Looping einige Sekunden Stille erzwingt.
Obwohl der Fokus des Spiels eindeutig nicht auf diesem Aspekt liegt, hätte der Entwickler Faithy Games hier mehr Sorgfalt walten lassen können, denn in einem Genre, in dem es sehr viele kostenlose Vertreter gibt, die keine Probleme mit dem Sounddesign haben, kann man von einem kostenpflichtigen Titel erwarten, dass auch solche groben Schnitzer nicht mehr vorhanden sind.
Audiophile Spieler sollten daher eher einen Bogen um den Titel machen. Spieler, die die Musik eher als Begleitmaterial sehen und über technische Mängel hinwegsehen können, sollten jedoch keine Probleme haben, Sunlight Scream auch auditiv zu genießen.

Story
Damit sind wir beim Kern dessen angelangt, was eine Visual Novel ausmacht: der Handlung. Fehler im Sound, langweiliges Gameplay und KI-generierte Grafik sind allesamt verzeihlich, solange die Story einen rätseln lässt wie ein Fitzek, Grusel aufkommen lässt wie ein King oder ein episches Abenteuer vermittelt wie ein Tolkien.
Ich habe Sunlight Scream für euch komplett durchgespielt, alle verfügbaren Routen gelesen und auch das geheime Ende freigeschaltet, um hier eine ordentliche Bewertung abzugeben und möchte versuchen, dies ohne Spoiler zu tun, also verzeiht mir, wenn ich hier und da vage bleiben muss, um keine Aspekte der Handlung vorwegzunehmen.
In Sunlight Scream begleiten wir unsere Hauptfigur Max Hardy bei seinen ersten Schritten in Sunlight City, der Stadt, in der sein Bruder, das einzige verbliebene Familienmitglied, das er kennt, lebt.
Nachdem wir unseren Bruder kennengelernt haben und in ein kleines Apartment der Familie eingezogen sind, beginnt auch schon unser Alltag, in dem wir einkaufen gehen und die Universität besuchen, die der Hauptschauplatz der Handlung ist.
Schon nach kurzer Zeit haben wir einen kleinen Freundeskreis um uns geschart und könnten einen schönen Neuanfang in der Kleinstadtidylle von Sunlight City genießen, wäre da nicht dieser Autounfall, der unser bisher so friedliches Leben völlig auf den Kopf stellt. Aber war es wirklich nur ein Unfall? Das und mehr gilt es in Sunlight Scream herauszufinden, wobei euch eure Freunde tatkräftig unterstützen, auch wenn einige von ihnen das eine oder andere Geheimnis vor euch verbergen.
Der Spieler entscheidet, wem er von nun an vertrauen will, ob er Frieden und Liebe findet oder ob seine Taten eine blutige Spur hinterlassen…
Das alles liest sich wie der Klappentext eines spannenden Mystery-Thrillers und genau das bietet Sunlight Scream in seinen rund sieben Stunden Spielzeit für einen einzelnen Durchgang auch.
Leider weist diese interessante Story-Prämisse einige Mängel auf, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Zunächst muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass diese Visual Novel ausschließlich in der Originalsprachen Russisch und auf Englisch erhältlich ist. Während VN-Fans es gewohnt sind, dass selten eine deutsche Übersetzung verfügbar ist, ist es doch eher ungewöhnlich, dass auch die englische Übersetzung voller Fehler und Probleme steckt.
Meist handelt es sich dabei um kleinere Fehler, wie die Verwendung eines falschen Personalpronomens oder einzelne Tippfehler, doch je weiter man in der Handlung voranschreitet, desto mehr häufen sich auch sinnentstellende Fehler, wie zum Beispiel „Suck it dry“ statt „Lick the table“.
Stellenweise ist die Grammatik sogar so verwirrend, dass ich einzelne Passagen nicht einmal im Kontext entschlüsseln konnte, oder sie fehlt ganz, so dass ich mich plötzlich vor kyrillischen Schriftzeichen wiederfinde. Solche Momente sind zwar selten, haben aber in einem kommerziellen Produkt dieser Art absolut nichts zu suchen.
Zudem dauert es etwa ein bis zwei Stunden, bis die Handlung wirklich Fahrt aufnimmt. Das Spiel nimmt sich viel Zeit, um die relevanten Charaktere einzuführen und lässt den Spieler bis auf eine irritierende Ausnahme durchgehend in Max‘ Perspektive.
Dieser einzige Perspektivwechsel in der gesamten Visual Novel ist ungefähr so unnötig wie die Hektik, die die Handlung gegen Ende prägt. Manchmal ist Hektik sehr gut, wenn sich Ereignisse überschlagen und dies als erzählerisches Mittel eingesetzt wird, aber hier ist wirklich sehr viel Suspension of Disbelief notwendig, um den sprunghaften Kapitelübergängen zu folgen.
Apropos Suspension of Disbelief: Dieses Konzept muss sowohl in den Kampfszenen, in denen sich normale Menschen gegenseitig in die Gesichter treten, mit Messern und Tasern traktieren und trotzdem weiterkämpfen wie ausgebildete MMA-Kämpfer, als auch in den Reaktionen der Charaktere auf den unerwarteten Tod nahestehender Personen, wenn diese nur mit „Well, there is nothing we can do, let’s eat some Icecream“ antworten und dies in keiner Weise in die Handlung eingebunden ist, sehr oft angewendet werden.
Leider gesellt sich zu den bereits erwähnten Mängeln noch der eine oder andere Logikfehler. Ich meine, welcher Stadtpolizist käme auf die Idee, mit einer Gruppe von Studenten in einem dunklen Wald mitten im Nirgendwo zu zelten, wenn in der beschaulichen Stadt Gerüchte über einen Mord die Runde machen und der Lehrer der Gruppe nicht erreichbar ist?
Und da wir gerade von der Universität sprechen, sollte erwähnt werden, dass sie sehr an eine Schule erinnert, sei es durch feste Lehrer, Klassen, spontane Hausaufgabenkontrollen oder das Verhalten der Charaktere, die sich eher wie 13- bis 16-Jährige verhalten.
Es entsteht der Eindruck, dass das Setting nur vorgeschoben ist, um die Charaktere als volljährig zu beschreiben, um nicht wegen der expliziten Beschreibungen von Gewalt und Sex sowie der massiven Verwendung von expliziten Schimpfwörtern in Schwierigkeiten zu geraten.
Wie das Spiel trotz einer eindeutigen Vergewaltigungsszene eine Altersfreigabe ab 12 Jahren erhalten hat, ist mir ein Rätsel, aber wenn man so etwas in seinem Leben nicht braucht, sollte man zumindest eines der vielen verfügbaren Enden meiden.
Das Pacing der Geschichte ist bis auf die Hektik am Ende gelungen, auch wenn ich zwischenzeitlich die Befürchtung hatte, dass der Slice-of-Life-Teil überhandnimmt, was dann, Gott sei Dank, durch eine Wendung in der Handlung korrigiert wurde.
Um an das geheime Ende zu gelangen, müssen genretypisch erst alle anderen Enden freigespielt werden. Dieses ist im Großen und Ganzen gelungen und gibt der Geschichte einen weitgehend runden Abschluss, auch wenn mir persönlich eines der vielen anderen Enden besser gefallen hat.
Die Charaktere sind in sich stimmig, wenn auch manchmal in ihren Eigenschaften unglaubwürdig. Viele sind Stereotypen, die weniger Tiefe bieten als eine Pfütze auf einer frisch planierten Straße. Das liegt aber wahrscheinlich auch an der recht kurzen Lesezeit dieser Visual Novel, die man an einem ruhigen Sonntag komplett durchlesen kann.
Trotz der vielen Kritikpunkte, die ich hier aufgezählt habe, ist Sunlight Scream bei Gott kein schlechtes Spiel. Ich fühlte mich zu keinem Zeitpunkt unmotiviert weiterzuspielen und habe mich viel mehr über die Mängel in der Handlung geärgert, da diese einem wirklich guten Erlebnis den Boden unter den Füßen wegziehen.
Ich habe mich mit einigen Charakteren verbunden gefühlt, war überrascht und wollte das Rätsel wirklich lösen. Aber manchmal ist der Weg zum Ziel besser als das Ziel selbst.
Alles in allem kommt Sunlight Scream hier leider nicht über den Durchschnitt im Genre hinaus und findet sich somit irgendwo in der Mitte des Berges an eigentlich guten, aber nicht ausgereiften Werken wieder.

Gameplay
Vom Gameplay her handelt es sich bei Sunlight Scream um eine mit Renpy gestaltete Visual Novel, was die gleiche Bedienung und die gleichen Probleme wie bei anderen mit dieser Engine erstellten Visual Novels dieser Art mit sich bringt.
Der Entwickler Faithy Games hat sich jedoch das eine oder andere Element einfallen lassen, um sein Spiel von der Masse abzuheben. So wird beispielsweise bei allen Entscheidungen ein Batteriesymbol eingeblendet, das dem Spieler anzeigt, wie groß der Einfluss einer Entscheidung auf die Handlung ist. Je voller die Batterie, desto größer der Einfluss auf die Handlung.
Neben diesem netten Quality of Life Feature gibt es auch ein Achievement System, das auf der Switch natürlich rein ingame funktioniert und somit Hinweise darauf gibt, was bei zukünftigen Spieldurchgängen noch zu sehen ist.
Das mehrmalige Durchspielen von Sunlight Scream kann ich euch nur wärmstens empfehlen, denn obwohl mir mein erstes erreichtes Ende von allen möglichen am besten gefallen hat, beeinflussen die Auswahlmöglichkeiten, welche dem Spieler geboten werden, die Enden wirklich massiv. Der Weg zu den Enden bleibt aber meist leider recht ähnlich.
Hier kommt es leider hin und wieder vor, dass sich Charaktere auf Handlungen beziehen, die in diesem Durchgang nie stattgefunden haben, oder dass falsche Sprites angezeigt werden. Während die Hintergründe meist passend sind, gibt es doch den einen oder anderen Fall, in dem eine Handlung, die nachts stattfindet, plötzlich mit einem strahlenden Sonnenhintergrund illustriert wird. Schade und unnötig solche Schnitzer.
Erwähnenswert ist auch, dass der Hauptcharakter, dessen Handlungen wir beeinflussen, eindeutig kein Stand-In für den Spieler ist. Er hat eine eigene Hintergrundgeschichte, trifft hin und wieder eigene Entscheidungen und ist selbst klar in die Handlung integriert.
Um alle Enden zu erreichen und das geheime Ende in allen Variationen zu erleben, habe ich als recht schneller Leser und mit viel Überspringen von bereits gelesenem Text ca. 12 Stunden gebraucht, was angesichts des Preises in Ordnung ist.
Technisch gibt es an der Switchversion übrigens nichts auszusetzen. Das Spiel lief sowohl im Docked- als auch im Handheldmodus flüssig und ich konnte keinerlei Abstürze feststellen. Nicht überraschend, aber dennoch erwähnenswert.
Durch die vielen Variationsmöglichkeiten schlägt sich Sunlight Scream spielerisch wirklich gut. Ich hätte mir zwar noch mehr Handlungsvarianten gewünscht, wie es zum Beispiel bei The Letter der Fall ist, aber auch hier muss ich den Hut vor den Entwicklern ziehen.

Fazit
Ich sehe Sunlight Scream vor allem in den Händen von Visual-Novel-Neulingen, die noch nicht in den Genuss einer Handlung auf dem Niveau von Steins:Gate, Illustrationen auf dem Niveau von Tokyo Babel oder so spannenden Mysterien wie in der Higurashi-Reihe gekommen sind.
Genre-Veteranen finden hier allenfalls einen kleinen Appetithappen für zwischendurch, während jugendliche Neulinge hier einen guten Einstieg ins Mystery-Genre finden. Sunlight Scream von ist seit dem 11.07.2024 für 6,99€ im Nintendo Eshop erhältlich.
Wer noch ein wenig Guthaben für den Nintendo Eshop benötigt, sollte HIER* vorbeischauen, vielleicht haben unsere Partner ein gutes Angebot für euch.
An dieser Stelle möchte ich mich bei den Entwicklern Faithy Games bedanken, die uns einen Produktschlüssel für die Testversion der Switch-Version von Sunlight Scream zur Verfügung gestellt haben.
Was haltet ihr von Sunlight Scream? Klingt das nach einem Titel für euch oder seid ihr nicht so beeindruckt von dem Titel? Lasst es mich in den Kommentaren wissen! Falls ihr ein eher aktives Spiel sucht, wäre vielleicht ja Moving Out 2 etwas für euch? Lest euch doch unseren Test durch!

Endergebnis:
Zusammenfassung
Genreneulinge, und absolute Genreliebhaber greifen zu, alle die ein tieferes Erlebnis suchen, schauen sich anderweitig um.
Positives
Guter Einstiegspunkt für Genreneulinge Interessante Handlung Gute Länge und VarianzNegatives
Schlechte Übersetzung ins Englische Inkonsistenter Artstyle Soundfehler- Grafik76%
- Sound62%
- Story65%
- Gameplay81%
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