Review

Shift 87 – Eure Nachtschicht hat gerade begonnen

Shift 87 Logo

Es gibt so einige seltsame Berufe in unserer Gesellschaft wie beispielsweise Golfballtaucher, Shout-Coach, Ansteher oder Sitzfüller, aber wohl nur die wenigsten haben von dem besonders exotischen Beruf des Anomalienspotters gehört. Gut, dass ihr nun zu diesem erlesenen Kreis der erleuchteten gehört, denn in Shift 87 von Pixelsplit herausgegeben von Daedalic Entertainment erledigt ihr genau diese Arbeit. Ob es sich dabei um einen erfüllenden Job, oder eine Ansammlung von lästigen Beschäftigungsmaßnahmen handelt, erfahrt ihr in diesem Test.

Entwicklerstudio: Pixelsplit

Publisher: Daedalic Entertainment

Platformen: PC

Releasedatum: 23.07.2024

Metacritic Userscore: n.A / 10

Grafik

Die Optik von Shift 87 ist definitiv ein Highlight des Spiels. Alle Assets die im Spiel verwendet werden sind sehr detailliert und machen auf den höchsten Einstellungen, besonders für ein kleines Indieprojekt einiges her. Dabei wird allerdings nicht zu dick aufgelegt, und der Fokus verbleibt durchgehend auf der Atmosphäre, welche dieser titel erzeugt.

Natürlich kann Shift 87 grafisch nicht mit einem Cyberpunk mit maximalen Einstellungen und Ray-Tracing mithalten, aber das muss es auch in keiner Weise um seine Wirkung zu entfalten.

Besonders schön ist das Lichtspiel welches sich auf den Oberflächen entfaltet und die Reflexionen und optische Täuschungen, welche sich daraus ergeben. Meine  inzwischen angestaubte 6800XT war ganz schön am rattern, konnte das Spiel aber durchgehend mit 144 Bildern pro Sekunde  in 2k Rendern (In 4k hätte es lediglich für ungefähr 90 Bilder pro Sekunde gereicht), wodurch  das Erlebnis umso immersiver wird.

Die Umgebungen in denen man sich bewegt sind glaubwürdig gestaltet und in realistischer Manier mit reichlich Kleinkram ausgestattet, welchen man in den jeweiligen Umgebungen erwarten würde.

Besonders positiv zu erwähnen ist, dass hier nur sehr wenige bis keine Assets verwendet wurden, welche man so schon in hunderten anderen Spielen gesehen hat. So einiges schien eingekauft oder selbst gestaltet zu sein,  was leider bei solch kleinen Projekten wie Shift 87 es darstellt nicht selbstverständlich ist.

Bitte versteht mich nicht falsch. Shift 87 ist keine grafische Offenbarung, aber alles, was das Spiel uns zeigt ist perfekt für das Gameplay geeignet und fügt sich gut in die Umgebung ein. Insgesamt ist die Optik also im guten Bereich anzusiedeln und kann auch Spieler mit hohen Ansprüchen an die Grafik weitgehend überzeugen.

Shift 87 Screenshot 1

Sound

Das Sounddesign des Spiels ist ähnlich wie die Grafik gut gelungen, fällt aber nicht extrem positiv auf.

Euer Schichtleiter ist vertont und unterstützt euch bei eurer Arbeit mit insgesamt 4-5 verschiedenen Sätzen, die einmal abgespielt werden. Nun könnte man bemängeln, dass man durchaus mehr Sprachausgabe hätte verwenden können, aber das würde dem Sinn des Spiels widersprechen. Von daher ist sowohl die Leistung als auch die Menge der Sprachausgabe in Ordnung.

Deutlich positiver fällt die Ambiencemusik auf, die anstelle eines klassischen Soundtracks verwendet wurde. Mechanisches Dröhnen, Bässe und unangenehme Klangschwingungen verwöhnen, oder missbrauchen euer Ohr, vor allem mit basslastigen Surround Kopfhörern, auf eine selten so wahrgenommene Art und Weise.

Je weiter ihr in einem Level voranschreitet, desto intensiver wird die Soundkulisse und kann in Shift 87 bereits ohne Zutun eines anderen Spielelements für Herzrasen sorgen. Wie bereits erwähnt, müssen wir auf Musik im klassischen Sinne verzichten, was bei diesem Titel aber auch angebracht ist.

Die beklemmende Atmosphäre, die durch die Geräuschkulisse erzeugt wird, wird durch punktuelle Soundeffekte gut unterstützt. Sei es das qualitativ hochwertig aufgezeichnete Weinen eines Kindes oder einer Frau, das klassische Kreischen einer Geige bei einem Jumpscare oder das tiefe Brummen einer Lüftung, alles was man in diesem Spiel auf die Ohren bekommt ist hörenswert und kann den Puls in die Höhe treiben.

Insgesamt ist das Sounddesign von Shift 87 gut bis sehr gut gelungen. Es gab eigentlich keinen Moment, in dem ich mir mehr auf die Ohren gewünscht hätte, als das Spiel mir geboten hat. Selten wird Sound in einem Spiel so sinnvoll eingesetzt, dass ich selbst beim Platzen einer Glühbirne noch erschrecke. Kopfhörer auf und ab in die Nachtschicht, sag ich da nur!

Shift 87 Screenshot 2

Story

In Sachen Story hat Shift 87 eigentlich nicht viel zu bieten.

Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass das Spiel seine Handlung auf der Steamseite komplett vorwegnimmt, daher habe ich kein Problem damit, sie hier noch einmal aufzuschlüsseln.

Ihr habt es geschafft, ein neuer Job! Ihr seid Anomaliebeobachter, das heißt, ihr werdet dafür bezahlt, Anomalien zu finden, Gegenstände, Ereignisse und Geräusche, die nicht da sein sollten. Ende der Geschichte.

Ich persönlich finde es etwas schade, dass die Handlung von Shift 87 so sehr in den Hintergrund gerückt ist. Ich sehe durchaus Potential, zwischen den einzelnen Levels ein wenig Handlung einzubauen, was auch die etwas kryptisch anmutende Endsequenz, die ich nicht vorwegnehmen möchte, besser einbinden würde.

So bleibt Shift 87 hier definitiv hinter seinem Potential zurück. Ich persönlich halte die Handlung in einem Horrorspiel für essentiell, denn wenn man diese weglässt, geht für mich viel an Spannung und Gruselfaktor verloren. Shift 87 funktioniert aber auch so ganz gut. Aufgrund der nicht ausgeschöpften Möglichkeiten kann ich hier leider nur eine durchschnittliche Bewertung vergeben. Sorry Pixelsplit, das Spiel ist gut, aber das nächste Mal erzählt bitte eine Geschichte mit eurem Medium!

Shift 87 Screenshot 3

Gameplay

Shift 87 bezeichnet sich selbst als Beobachtungs-Horrorspiel und diese Genreeinteilung kann ich voll und ganz unterschreiben. Denn in den drei verschiedenen Umgebungen, die uns Shift 87 zur Verfügung stellt, müssen wir ganz genau hinschauen, um mit unserem Anomalie-Detektor Unterschiede in den verschiedenen Arealen zu markieren. Aber eins nach dem anderen:

Wenn ihr eine Umgebung betretet, seht ihr sie zunächst in ihrem Ausgangszustand, hier ist alles normal und so wie es sein soll. Diese Basis solltet ihr euch gut einprägen, denn sobald ihr den Bereich durch einen Aufzug oder eine Tür verlasst, findet ihr euch sofort wieder in der gleichen Umgebung wieder. Nur eines ist anders als im Original, eine Anomalie hat sich eingeschlichen, wodurch genau eine Einzige Sache anders ist.

Ihr schlendert also durch das gleiche Gebiet und versucht, diesen einen Unterschied zu markieren. Diese Anomalie kann offensichtlich sein, wie ein Lichtausfall mit schreienden Frauenstimmen, oder subtil, wie eine falsche Aufschrift auf einem kleinen Plakat. Habt ihr die Anomalie gefunden, geht zum Ende des Levels und betretet es erneut.

Jetzt kommt es darauf an, ob ihr tatsächlich eine Anomalie gefunden habt oder euch den Unterschied nur eingebildet habt und glaubt mir, die zwar kleinen aber detailreichen Areale laden geradezu dazu ein, sich Anomalien auszudenken. Habt ihr alles richtig markiert, erwartet euch eine weitere Variante des Areals mit einem neuen Unterschied, habt ihr euch aber geirrt, findet ihr euch in der ursprünglichen Variante wieder und müsst euch alles noch einmal einprägen.

Um einen Level abzuschließen, müsst ihr fünf Anomalien hintereinander richtig markieren. Ein Fehler führt zum Reset. Was unglaublich nervig klingt, ist aber notwendig, denn mit nur drei verfügbaren Arealen würde die ohnehin schon kurze Spielzeit von Shift 87 noch weiter reduziert.

Dankenswerter Weise findet ihr am Ende eines Levels immer einen kleinen Zwischenraum, in welchem euch gezigt wird, in der wievielten Variante eines Levels ihr euch gerade befindet. Somit liefert Shift 87 stets gutes Feedback um den Spieler zu motivieren und an der Stange zu halten.

Der Entwickler gibt an, dass ein Spieldurchgang zwischen zwei und drei Stunden dauert, ich habe es in 81 Minuten geschafft das Spiel zu beenden, wobei mir mein hervorragendes visuelles Gedächtnis definitiv geholfen hat. Spieler die Probleme damit haben sich Dinge zu merken, könnten hier eventuell deutlich länger brauchen.

Die Steuerung ist angenehm. Mit einer Form der Fortbewebung und zwei weiteren Tasten ist man komplett für seine Nachtschicht ausgestattet, wobei ich noch einen Tipp für euch habe:

In den Optionen gibt es die Möglichkeit, die sogenannten „flüssigen Kamerabewegungen“ abzuschalten. Macht das. Nicht nur, dass ihr damit das Kopfwackeln des Spieleravatars massiv reduziert, ihr verliert auch etwas an Trägheit in der Steuerung, wodurch sich alles direkter und griffiger anfühlt.

Die Areale sind allesamt von überschaubarer Größe, so dass auch Spieler mit schlechtem Gedächtnis eine Chance haben, die Anomalien zu finden. Lediglich das letzte der drei Areale ist etwas weitläufiger und sehr dunkel gehalten, weshalb ich nur hier Probleme hatte, fünf Anomalien hintereinander zu finden und oft zurückgesetzt wurde.

Um es zusammenzufassen, das Gameplay ähnelt eigentlich einem dieser alten TV-Call in Show Spiele, bei denen man den Unterschied zwischen zwei Bildern finden muss, nur dass einem das Originalbild weggenommen wird und man fünf Fehler auf fünf verschiedenen Bildern unmittelbar hintereinander finden muss. Und das Ganze natürlich in einer begehbaren 3D-Umgebung.

Insgesamt stehen 66 Anomalien zur Verfügung, die das Spiel immer zufällig auswählt und platziert, so dass es, wenn man nicht zu oft scheitert, nur wenige Wiederholungen geben sollte und auch ein zweiter Spieldurchlauf gerechtfertigt sein kann.

Der Schwierigkeitsgrad von Shift 87 war also aus meiner Sicht sehr angenehm, wobei mir die ersten beiden Level fast schon zu einfach waren. Vielleicht hatte ich aber auch einfach nur Glück mit meinen Anomalien.

Positiv zu erwähnen ist, dass das Spiel durchaus Potential hat, erweitert zu werden, sei es durch kostenfreie Weiterentwicklungen oder DLCs, sei es durch neue Gebiete oder durch neue Anomalien in den bereits vorhandenen Gebieten. Hier darf man gespannt sein, was die Zukunft von Shift 87 noch bringen wird.

Damit wäre der Beobachtungsteil im Beobachtungshorror ausreichend beschrieben, aber wie sieht es mit dem Horror aus, ist Shift 87 hier genauso innovativ und positiv zu Beleuchten wie bei der Beobachtung?

Die Antwort lautet: Nicht wirklich. Ja, die Umgebungen sind ein wenig unheimlich, weil sie keine Orte sind, die man gerne besucht. Ja, die Übergänge zwischen den einzelnen Levels sind beunruhigend und ja, der Sound ruft hier und da kleine Anflüge von Panik hervor.

Aber die Anomalien selbst sind, zumindest für hartgesottene Horrorfans, allenfalls minimal beängstigend. Ja, es gibt Jumpscares, ja, es gibt den einen oder anderen Moment, der bedrohlich wirkt, aber es gibt keine Momente in diesem Titel, in welchen wirklich Angst oder Grusel erzeugt wird.

Dies mag auch daran liegen, dass keine wirkliche Gefahr in Shift 87 existiert. Kein Antagonist, keine dich verfolgenden Monster. Lediglich unheimliche Figuren und seltsame Ereignisse.

Ist Shift 87 also ein Horrorspiel? Ja, aber es ist ein Spiel welches höchstens minimales Unwohlsein hervorruft, es sei denn man ist der Typ, der sich auch in einem Gruselkabinett im Vergnügungspark gruselt.

Der Beobachtungsfaktor steht bei diesem Titel definitiv im Vordergrund und ist auch gut gelungen. Ich hätte mir nur etwas mehr Inhalt gewünscht. Das, was da ist, funktioniert gut, deshalb ist hier auch eine gute Bewertung angebracht.

Shift 87 Screenshot 4

Fazit

Shift 87 von Pixelsplit ist ein wirklich guter Titel, der für Fans von Atmosphäre und Rätselfreunden geeignet ist. Durch die schöne Optik und das wirklich gelungene Sounddesign ist der Titel definitiv seinen Preis wert. Shift 87 ist am 23.07.2024 auf Steam erschienen, gebt dem Spiel eine Chance, ihr werdet es nicht bereuen.

Ist Shift 87 ein Spiel für euch oder wollt ihr eure Gruselstimmung lieber ohne Rätsel bekommen? Lasst es mich in den Kommentaren wissen.

Das Spiel wurde uns zum Zwecke dieses Reviews kostenlos zur Verfügung gestellt.

Wenn ihr jetzt Lunte gerochen habt, findet ihr HIER* ein gutes Angebot für Steam Credits. Und wenn ihr auf Rätsel verzichten wollt und eine gute Story braucht, ist Sunlight Scream vielleicht genau das Richtige für euch, wir haben es schließlich für euch getestet.

Reviewbox
80%
Endergebnis
Zusammenfassung

Rätselfans mit Horror-Ader greifen zu, alle mit schwachen Nerven und Erinnerungsvermögen schauen sich woanders um.

Positives
Gute Optik Gutes Sounddesign Schöner Gameplayloop
Negatives
Schwierigkeit durch RNG sehr unterschiedlich Fast keine Handlung Unterdimensionierter Horrorfaktor.
  • Grafik83%
  • Sound91%
  • Story57%
  • Gameplay87%

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