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Ob Spiderman gegen Doc.Oc., Batman gegen den Joker oder Cloud gegen Sephiroth, der Kampf von Helden gegen Schurken ist ein Motiv, welches sich bereits seit Urzeiten durch die Unterhaltungsmedien der Menschheitsgeschichte zieht. Extortius: Become a Villain, der erste Titel von Vile Villain Entertainment, versucht dieses Motiv auf den Kopf zu stellen, indem der Spieler nicht etwa einen Helden steuert, sondern einen jungen Mann, welcher sich zum Ziel gesetzt hat, der größte Schurke aller Zeiten zu werden. Ob der Titel das Rollenspiel Genre aufwirbelt, oder dem Spieler von dem ganzen Gedrehe übel wird, erfahrt ihr hier im Test.
Entwicklerstudio: Vile Villain Entertainment
Publisher: Vile Villain Entertainment
Platformen: PC
Releasedatum: 05.04.2023
Metacritic Userscore: n.A
Grafik
Dem geschulten Auge fällt schnell auf, dass es sich bei Extortius: Become a Villain um ein mit dem RPGMaker MV erstelltes Spiel handelt. Haupt- sowie Spielmenüs sind zwar farblich angepasst, sind ansonsten jedoch genau so gestaltet, wie die Engine es vorgefertigt mitbringt. Auch die Gebiete, welche einem in dem Rollenspiel offenstehen, greifen doch merklich auf die Beispielassets zurück, welche die Engine Käufern kostenlos anbietet. Das ist schade, denn das Spiel beherbergt zahlreiche handgezeichnete Sprites und Bilder, welche beweisen, dass es sich bei diesem Titel eben nicht nur um einen billigen Assetflip handelt, sondern um ein Projekt, in das reichlich Mühe geflossen ist. Dies belegt auch der eigens für das Spiel angelegte Font, welcher aber leider nur schwer lesbar ist. Bedauerlicherweise drohen die einzelnen Buchstaben nämlich ineinander zu driften. Ein typisches Problem der Engine. Die Entwickler behaupten in ihrer Spielbeschreibung, dass der Stil bewusst gewählt wurde, um Erinnerungen an die Flashgames der frühen 2000er wachzurütteln. Während das auf brillante Weise gelingt, wirkt der Stil im Jahr 2023 allerdings eher krude als retro. Ohne Frage, die Zeichnungen haben Charme und sind mit Liebe angefertigt worden, aber ein Augenschmaus ist das Spiel enttäuschenderweise nicht geworden. Darüber können auch die gut designten Dungeons, wie beispielsweise eine Kanalisation, welche sich auf der gleichen Karte über mehrere Ebenen streckt und somit ein gestalterisches Highlight darstellt, nicht hinwegtäuschen.
Insgesamt macht Extortius: Become a Villain optisch nicht viel her und kann selbst mit der Konkurrenz aus der RPGMaker-Bubble nur schwerlich mithalten:

Sound
Die auditive Erfahrung mit Extortius: Become a Villain ist sehr ambivalent. In den Menüs des Spiels werden wir von den altbekannten Standard-Pieptönen des RPGMakers begrüßt, und auch der ein oder andere Soundeffekt, welcher uns in den Kämpfen begegnet, ist schon altbekannt. Bitte versteht das nicht falsch, die Effekte sind deshalb nicht schlecht, sie sind aber leider langweilig. Gleichzeitig ist es aber auch wahr, dass das Entwicklerstudio am Sounddesign nicht gegeizt hat. Extortius: Become a Villain hat nämlich einen eigenen Soundtrack mit 25 Titeln im 16-Bit Stil, welche stilistisch gut zusammenpassen und die Spielsituationen, in welchen sie eingesetzt werden, optimal untermalen. Zwar wirkt das doch ähnlich klingende Gedudel auch mal repetitiv, aber es verleiht dem Spiel seine eigene, unverwechselbare Note. Etwas, was nur wenige RPGMaker Titel haben, die von ambitionierten Einzelentwicklern auf den Markt geworfen werden. Wer genau hinhört, wird auch merken, dass das Spiel teilsynchronisiert ist. Manche Textpassagen werden von solide ausgewählten Sprechern vertont. Das finden wir fantastisch, aber es ist fraglich, warum manch eine Nebensache synchronisiert wurde, während der Plot weitgehend stumm vor sich hin dümpelt. Ein Highlight, welches bei weiteren Updates unbedingt ausgebaut werden sollte.
Soundfetischisten kommen hier nicht auf ihre Kosten, aber abgesehen von dem Gepiepe in den Menüs, schneidet Extortius hier weitgehend gut ab.

Story
Die Story dieses RPGMaker Titels hat mich unerwartet positiv überrascht. Als ich den Titel ausgesucht habe, dachte ich, dass mich eine cringige Machtfantasie erwartet. Doch ich wurde überrascht. Das Spiel beginnt, indem wir den guten Extortius kennenlernen, einen extrem unbedeutenden Superschurken, welcher mit 28 noch bei seinen Eltern wohnt und den Tag damit verbringt in seinem Blog zu posten. Im Verlauf der ersten Spielstunde lernen wir unseren Hauptcharakter sowie dessen liebevolle Mutter und cholerischen Vater kennen, der ihn auch prompt von zu Hause herauswirft. So erhalten wir dann auch unser Hauptziel: Der größte Schurke aller Zeiten zu werden, um den Ansprüchen unseres Vaters zu genügen. Auf dem Weg zu diesem ultimativen Ziel, lernt Extortius diverse Begleiter, wie beispielsweise den paranoiden „Railway Jesus“ kennen, wobei sich die Ereignisse so überschlagen, dass alsbald selbst Extortius nicht mehr weiß, was er eigentlich von seiner Reise erwarten soll. Die obligatorischen Plot Twists tragen dabei positiv zum Gesamtbild bei.

Seien wir ehrlich, die Geschichte ist kein Epos, sie ist nicht mal besonders spannend oder innovativ. Aber die Handlung schafft es, eine Verbindung zwischen dem Spieler und den Figuren aufzubauen. Dabei ist auch der Humor positiv zu erwähnen, welcher zwar eher auf ein jüngeres Publikum abzielt, und stellenweise primitiv ist, aber durchaus das Thema des ganzen Spiels unterstreicht, denn Extortius: Become a Villain nimmt sich selbst nicht unbedingt ernst. Dies wird auch in diversen Metakommentaren von Nebencharakteren deutlich, die einen beispielsweise auf häufiges Speichern hinweisen. Auch der Fakt, dass wir in den zufallsbasierten Kämpfen gegen Kinder, Obdachlose, und Drogenabhängige antreten, unterstreicht diesen Eindruck.
Das einzig unumstritten Negative, was man über die Story von Extortius sagen kann, ist, dass Drogenkonsum und Prostitution in ein positives Licht gerückt werden, was vielleicht zu Zeiten der alten Flash-Spiele akzeptabel war, heute aber schlicht nicht mehr zeitgemäß ist.
Wer eine anspruchsvolle Geschichte sucht, sollte von diesem Titel die Finger lassen. Als seichte Unterhaltung an einem verregneten Sonntag taugt das Spiel aber allemal.

Gameplay
Im ersten Moment spielt sich Extortius: Become a Villain wie ein klassisches RPGMaker-Spiel. Eine zweidimensionale Karte mit Blick aus der Vogelperspektive, auf welcher man sich bewegt, rundenbasierte Zufallskämpfe mit Frontalansicht, und antiquierte Menüs begrüßen uns. Vile Villain Entertainment hat jedoch einiges getan, um das ganze Gameplay zeitgemäßer zu gestalten. Als Erstes fällt dabei auf, dass die gesamte Steuerung frei belegbar ist. Auch besteht die Auswahl zwischen Tastatur, Maus, Gamepad, sowie Touchpadsteuerung. Darüber hinaus, bewegt man sich in Extortius: Become a Villain nicht nur horizontal und vertikal, sondern auch diagonal. Eine klare Besonderheit für einen Titel dieser Engine. Zusätzlich speichert das Spiel bei jedem Kartenwechsel automatisch, was auch bitter nötig ist, da die Kämpfe, besonders zu Beginn extrem schwer sind und uns in unserem Test mehrmals auf den Game Over Bildschirm befördert haben.
Direkt zu Beginn zwingt einen das Spiel zu Grinden, um den ersten Boss zu besiegen. Das ist schlechtes Gamedesign, was sich Gott sei Dank nicht noch einmal wiederholt. Abgesehen von dieser Anfangspassage, gelingt es weitgehend Grind frei das Spiel durchzuspielen. Dabei können wir mehrere Sammelgegenstände finden, welche uns mit mehrseitigen Comics über die Hintergrundgeschichte des Spiels belohnen. Über das Kampfsystem selbst gibt es wenig zu sagen, es ist rundenbasierter Einheitspreis, welcher von zufallsbasierten Elementen und nervigen Statuseffekten begleitet wird. Wann lernen Entwickler endlich, dass kampfübergreifende Statuseffekte wie Gift, das selbst auf der Karte regelmäßigen Schaden zufügt, einfach nur nervig für den Spieler sind? Besonders, wenn Heilung von diesen Effekten schnell ins Geld geht.
Ab und zu kommt es leider auch vor, dass wir ein wenig ziellos durch die Welt wandern, da es keinen Questlog oder Zielmarker gibt. Diese Passagen halten sich allerdings in Grenzen und ermöglichen es einem durch zahlreiche Nebenkonversationen ein wenig über die Welt zu erfahren und das ein oder andere versteckte Extra zu finden. Als Spieler haben wir dabei aber relativ wenige Möglichkeiten zur Individualisierung der Charaktere, der Kämpfe oder der Handlung. Es gibt immer eine eindeutige Lösung für jedes Problem, welchem wir begegnen.
Die Spielzeit von acht Stunden ist dem Gameplay angemessen. Viel länger, hätte ich ein solch altbackenes System aber nicht ausgehalten.

Fazit
Extortius: Become a Villain ist weder ein besonders guter, noch besonders schlechter Einstandstitel von Vile Villain Entertainment. Da das Spiel kostenlos verfügbar ist, bietet es sich durchaus an, einen Sonntag zu investieren und reinzuschnuppern. Solltet ihr euch aber dagegen entscheiden, habt ihr auch nichts verpasst.
Habt ihr Extortius: Become a Villain auch eine Chance gegeben? Oder vermeidet ihr RPGMaker Spiele grundsätzlich? Teilt eure Meinung doch in den Kommentaren mit uns! Falls ihr lieber ein spiel von einemgrößeren Entwicklerstudio zocken wollt, ist vielleicht Moving Out 2 das richtige für euch. Partyspaß garantiert! Oder ihr schaut einfach HIER* vorbei, und zockt einen anderen Titel eurer Wahl zu einem guten Preis.

Zusammenfassung
Zusammenfassung
Da das Spiel kostenlos verfügbar ist, greifen alle zu, die einem kleinen Einzelentwickler eine Chance geben möchten.
Positives
Nettes Einstiegprojekt Humorvolle Handlung Viele ReferenzenNegatives
Schwache Optik Standardgameplay Balancing- Grafik42%
- Sound51%
- Story48%
- Gameplay46%
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