Review

Nobody Nowhere – Replikanten und Philosophische Dilemmata

Nobody Nowhere Cover

Haben Replikanten ein Recht auf Leben? Ein Recht auf ihren Körper? Was macht Menschen aus? Sind wir überhaupt noch einzigartig, wenn es mehrere von uns geben kann? All diese Fragen stellt sich Tag:hadal in seinem Titel Nobody Nowhere, der von Gacriva Studio in einem kurzweiligen, storygetriebenen Adventure veröffentlicht wurde. Ob die Antworten befriedigend ausfallen, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen, denn wir haben Nobody Nowhere für euch getestet.

Grafik

Nobody Nowhere bietet eine schöne, gepixelte Optik, die ganz eigen daherkommt. Auch wenn die Pixeldichte deutlich geringer ist und die Charaktere bedeutend detaillierter ausgestaltet sind, fühlte ich mich beim Anblick der Charaktergesichter an eines meiner Lieblings-MMOs aus alter Zeit, Ragnarok Online, erinnert.

Dieser Vergleich soll aber eher anekdotisch sein und ist kaum rational begründet, denn Nobody Nowhere bietet eine wirklich charmante und zeitlose Optik, sowohl hinsichtlich der Charakterdesigns als auch bei den Hintergründen, durch welche man sich bewegt. Diese sind durchgehend detailreich und interessant designt, sodass man als Spieler nie müde wird, sich umzuschauen, und dabei immer wieder kleine Extras entdeckt, die einen in ihren Bann ziehen.

Wer sich die Steam-Seite des Spiels genauer anschaut, erhält schnell einen Eindruck davon, welche Umgebungen und Farbauswahl in Nobody Nowhere auf die Spieler warten. Kalte, sterile Räume in Grau, nächtliche, dunkle Umgebungen sowie grelle Lichter und Blautöne dominieren das Spielgeschehen. Kontraste dazu bieten die Haarfarben der auffindbaren Charaktere, die aber nicht unbedingt im Vordergrund des Geschehens stehen.

Die Texte heben sich deutlich von den Hintergründen ab, die Menüs sind sauber gestaltet und die alternative Hackumgebung, in der man sich ebenfalls bewegt, ist zwar minimalistisch gehalten, erfüllt aber ihren Zweck gut.

Besonders hervorzuheben ist das wirklich eindrucksvoll animierte Intro des Spiels. Wäre dies ein AAA-Titel, müsste so etwas natürlich erst gar nicht erwähnt werden, aber da es sich bei Nobody Nowhere um ein Ein-Mann-Projekt handelt, ist das Gebotene doch sehr eindrucksvoll und schön anzuschauen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich Nobody Nowhere gut anschauen lässt. Weder begeisterte Indiespieler noch anspruchsvolle Profizocker werden hier vom Hocker gerissen, aber das, was man sieht, ist zweckdienlich und somit vielleicht kein Fest für die Augen, aber auf jeden Fall im guten Bereich.

Nobody Nowhere SS1

Sound

Habt ihr euch schon einmal gefragt, wie echte Ruhe klingt? Also ganz ohne Hintergrundrauschen, hupende Autos und anderem? Wenn ihr es herausfinden wollt, zieht euch gute Noise-Cancelling-Headphones an und startet Nobody Nowhere. Denn einige Passagen dieses Titels kommen komplett ohne Musik aus und selbst die Hintergrundgeräusche sind manchmal so dezent, dass man meinen könnte, sie wären überhaupt nicht vorhanden.

Zum Glück gilt dies jedoch nicht für alle Passagen dieses Adventures, denn wenn Musik da ist, dann ist sie oftmals passend für die Szenen gewählt und unterstreicht die Grundstimmung. Natürlich gibt es auch hier die eine oder andere Ausnahme. So kann es beispielsweise sein, dass ihr gerade beim Hacken eines Terminals Schmiere stehen sollt, aber ganz entspannte Lobbymusik spielt, die absolut gar nicht zur dargestellten Situation passt, die voller Anspannung sein soll.

Die Soundeffekte, mit denen Nobody Nowhere aufwartet, sind solide, auch wenn sie eigentlich fast immer unaufdringlich sind und eher als Ambiente zu sehen sind. Eine Vertonung der zahlreichen Dialoge ist in diesem kleinen Indie-Titel nicht vorhanden.

Wirklich Gutes gibt es auf die Ohren, wenn man sich das Intro anschaut oder das Spiel durchgespielt hat, denn hier wurden zwei Titel eingesungen, die wirklich gut zu hören sind und auch ohne Kontext im Internet erfolgreich sein könnten. Leider reichen diese punktuellen Höhenflüge nicht aus, um mich von den Socken zu hauen.

Ich hätte mir mehr Vielfalt gewünscht, weshalb das Sounddesign von Nobody Nowhere insgesamt eher mau daherkommt. Es ist bei Gott keine Katastrophe und ich würde jedem empfehlen, den Ton nicht auf Stumm zu schalten, wenn man sich entschließt, das Spiel zu spielen. Aber die Person, die davon vom Hocker gerissen wird, muss ich erst noch kennenlernen.

Story

Die Story ist das Herzstück dieses narrativen Adventures. Hier muss Nobody Nowhere doch punkten, oder? Leider nein. Aber ich will nicht zu viel vorwegnehmen.

Die Handlung des Spiels dreht sich um ein Replikantenprogramm, in dem künstliche Körper erzeugt werden, um das Bewusstsein zu transferieren. Dabei wird das ethische Dilemma der Persönlichkeitsrechte von Replikanten thematisiert.

Dass diese Sci-Fi-Thematik auch für die breite Masse und nicht nur für angehende Tech-Philosophen interessant ist, hat Detroit: Become Human bereits vor Jahren bewiesen. Hier sollte eigentlich ein Pluspunkt zu verzeichnen sein, besonders, da die Handlung nicht sonderlich vorhersehbar ist und somit reichlich Abwechslung bietet.

Leider gelingt es Nobody Nowhere absolut nicht gut, diesen Plot zu vermitteln. Ich möchte einfach mal so mutig sein und die folgende Kritik komplett auf die Übersetzung schieben.

Am Ende meiner Spielzeit habe ich zwar verstanden, worum es geht, aber seltsame Formulierungen, aus Plotgründen sehr ähnliche Charaktere, sprunghafte Ereignisse und ein sehr abruptes Ende sorgen dafür, dass ich weder besonders in das vorhandene Machwerk investiert bin, noch die Regeln dieser fiktionalen Welt wirklich verstanden habe.

Ohne zu spoilern fällt es schwer, all meine offenen Fragen hier zu listen, aber so viel sei gesagt: Dieser Artikel wäre bedeutend länger, wenn ich es tun würde. Für Nobody Nowhere ist dieses Urteil vernichtend, da es bei diesem narrativen Adventure eigentlich ausschließlich um die Handlung gehen sollte.

Immerhin sind die Charaktere, die im Fokus standen, halbwegs liebenswert, auch wenn viele davon – vielleicht auch aufgrund der kurzen Spielzeit – nicht wirklich das Spotlight erhalten, das sie verdienen.

Abschließend muss man festhalten, dass Nobody Nowhere weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Die tragische englische Übersetzung könnte ein Hauptaspekt sein, doch wenn ein Spiel nur die grobe Handlung vermittelt, kann ich keine gute Wertung mehr geben.

Gacriva Studio

Gameplay

Während Nobody Nowhere in seinen rund zwei Stunden Spielzeit versucht, viele verschiedene Elemente einzuweben, kann man vorausschicken, dass das Spiel auch als Visual Novel funktioniert hätte. Die Dialoge stehen im Vordergrund, wobei im Übrigen keine Auswahlmöglichkeiten vorhanden sind. Die Story ist komplett linear und kann vom Spieler nicht beeinflusst werden.

Die Laufpassagen beschränken sich auf die Bewegung des Charakters nach links und rechts sowie das Interagieren mit der Umgebung durch Drücken einer Taste.

In diesen Segmenten gibt es einiges zu entdecken, auch wenn die Spielwelt zu jedem Zeitpunkt sehr eingeschränkt ist und sich bis auf eine Passage eigentlich immer nur auf ein bis zwei frei erforschbare Räume beschränkt. Dabei können kleine Statuen gefunden werden, die Kodexeinträge freischalten. Mit diesen kann ein wenig mehr Hintergrundwissen über die Welt von Nobody Nowhere erworben werden.

Wenn ihr im Verlauf der Handlung einen Replikanten hacken oder ein Terminal knacken müsst, werdet ihr in eine absolut rudimentäre Oberfläche geworfen. Darin müsst ihr eine weiße Gestalt durch ein Labyrinth mit Hindernissen navigieren.

Während man dabei zu Beginn des Spiels vollkommen wehrlos ist, ist es mit der Zeit möglich, sich gegen die rote Bedrohung zu wehren. Die Passagen sind nicht schwierig, jedoch existieren erst bei späteren Ereignissen Checkpoints, sodass gerade am Anfang Frust vorprogrammiert ist.

Man sollte hier aber nicht zu viel erwarten. Zusammen mit den Quick-Time-Events, die gegen Ende des Spiels deutlich häufiger auftreten als zu Beginn, kommt ein wenig Abwechslung in den Titel. Diese sorgt jedoch nicht wirklich für spielerische Highlights.

Hier fällt es mir schwer, Nobody Nowhere abschließend zu bewerten. Da es sich um ein Story-driven-Adventure handelt, möchte ich diese Genreeinschätzung wörtlich nehmen. Auf die Story hat man keinen Einfluss, die spielerischen Elemente stürzen diese allerdings durchaus, da alle Gameplay-Bestandteile in die Geschichte eingewoben sind. Der Adventure-Part ist dagegen eher mau, da es selten wirklich viel zu entdecken gibt. Insgesamt ist dieser Titel also ganz ordentlich, aber bei weitem nicht berauschend.

Fazit

Das Ein-Mann-Projekt Nobody Nowhere von Tag:hadal, veröffentlicht von Gacriva Studio, ist ein ordentliches, wenn auch sehr kurzes Adventure, welches leider stark hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Wenn ihr diesem Passionsprojekt trotzdem eine Chance geben wollt, könnt ihr den Titel für nur 9,75 € auf Steam erwerben. Wenn ihr jedoch lieber eine richtige Geschichte lesen möchtet, schaut euch doch mal Sunlight Scream an, das ich auch für euch getestet habe.

Reviewbox
65%
Zusammenfassung
Zusammenfassung

Leute die auf Sci-Fi und Pixeloptik stehen und gerne kleine Teams unterstützen greifen zu. Weniger Abenteuerlustige schauen sich anderweitig um.

Positives
Eigene Optik Gute Story Prämisse Schönes Opening
Negatives
Konfuser Plot Mangelhaftes Sounddesign Lineares Gameplay
  • Grafik76%
  • Sound57%
  • Story65%
  • Gameplay63%

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